Trakehner an der Donau
- die Geschichte der Trakehnerzucht in Österreich -

Der Trakehner ist ursprünglich in Ostpreußen zu Hause, doch seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges werden Trakehner in allen deutschen Bundesländern gezüchtet. In nahezu allen deutschen und internationalen Sportpferdezuchten hat Trakehnerblut Härte und Leistungsbereitschaft verankert. Trakehner sind mittlerweile eine weltweit gezüchtete Pferderasse – in vielen Ländern als „Tochterverband“ mit eigenem Stutbuch, in Ländern mit kleinerer Zuchtpopulation mit Betreuung durch einen der deutschen Zuchtbezirke.

Österreichs Trakehnerzüchter werden vom deutschen Mutterverband geführt und vom Zuchtbezirk Bayern aus betreut. Die Zusammenarbeit funktioniert mustergültig, Bayerns und Österreichs Trakehnerzüchter verbindet viel. Gerade in den letzten Jahren sind in Österreich einige viel versprechende neue Zuchtstätten entstanden, in denen mit viel Enthusiasmus und viel Liebe zur Sache die nun schon fast 300 Jahre alte Rasse gepflegt wird. Grund genug, dass der Zuchtbezirk Bayern – unseres Wissens einmalig in der bundesdeutschen Zuchtlandschaft – seine Landesstutenschau in Österreich austrägt.

Anfänge im Burgenland

In den 60er- und 70er-Jahren des vergangenen

Ungemein großrahmig, sportlich und abgeklärt präsentierte sich die Halbblüterin KAJANA v. Ibisco xx anlässlich der Zentralen Stuteneintragung in Bayern 2014. Die Stute aus der Zucht von Heinz Lasser, Ebersdorf, und dem Besitz des Gestüts Murtal in Großlobming kürte die Kommission zur Siegerstute und Besten Halbblutstute. Eine hervorragende Stutenleistungsprüfung und der Id-Preis in der Klasse der Voll- und Halbblutstuten anlässlich der Trakehner Bundesstutenschau komplettierten wenige Monate später das positive Bild. Foto: Karin Schweiger
Jahrhunderts hat sich auch in Österreich eine kleine, doch enthusiastische Fangemeinde dieser Pferderasse gebildet, die bis heute mit beachtlichem Erfolg die Geschichte des Trakehners hierzulande fortschreibt.

Das nördliche Burgenland um Neusiedl am See war das älteste geschlossene Warmblutzuchtgebiet Österreichs. Nach verschiedenen züchterischen Strömungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts setzte in den Sechzigerjahren die Erkenntnis ein, dass man hier ein „modernes, blutbetontes Sportpferd“ züchten müsse.


Der energiegeladene Fuchs PAGE, mütterlicher Halbbruder von Pikör und Pascal aus dem Stamm der Dressurcracks Partout und Payano, legte den Grundstein für die Trakehnerzucht in Österreich – und als Carajan-Sohn ließ er keinen Zweifel daran aufkommen, dass Trakehner Springtalent haben.
Foto: Archiv Trakehner Verband
Der Erfolg des Halbtrakehners Quoniam 11-1 als Landbeschäler machte auf die Eignung der Trakehner Rasse als Veredler aufmerksam und leitete eine Phase ein, die man zu Recht als die Geburtsstunde ostpreußischen Blutes auf österreichischem Boden bezeichnen kann.

Bahnbrechend wurde der 1971 erworbene Hengst PAGE (v. Carajan / Altan), der durch viele gute Töchter die burgenländische Zucht von der Station Gols aus zu erneuern half. 1976 gelangte durch die großzügige Hilfe des deutschen Verbandes der bekannte Schimmelhengst MAGISTER in das Burgenland; leider starb er schon drei Jahre danach an den Folgen eines Huftritts. Schon 1977 folgte ihm jedoch der dunkelbraune Hengst KASTELLAN auf die Stationen Zurndorf und Goils. Er entstammte der berühmten Zucht des Fürsten zu Dohna, führte aber auch wertvollstes Blut des Gestüts Trakehnen in seinem Pedigree. Seine Nachzucht war frohwüchsig, korrekt und besaß eine großzügige Linienführung. In Illmitz fand sich der Schimmelhengst FIESCO (Padparadscha / Pelion) wieder, der als Gangwunder auf der Trakehner Hengstauktion von Neumünster einen damals beachtlichen Preis von 45 000 DM erzielt hatte.

Ebenfalls ein Schimmel und ebenfalls in Gols stationiert war der mächtige Hengst DIAMANT, der bis zur Dressurklasse S ausgebildet war und als ausgesprochener Verstärker galt – immerhin war er seinerzeit der größte Beschäler auf der Liste des deutschen Verbandes. Sein Vater Erzsand war Sieger am Hengstmarkt Neumünster 1970, sein Muttervater der berühmte Marbacher Hauptbeschäler Pregel. Züchterisch hat Diamant sich sowohl in der Trakehner als auch in der Österreichischen Warmblutzucht hoch bewährt, vor allem seine Töchter zählen zum Tafelsilber der Zucht: Conny L und ihre „Nichte“ Carmen L haben eine wahre Dynastie prämierter Töchter begründet, Eisperle war Mutter des S-Springpferdes Eisdiamant, Imbola entsandte erst 2014 einen tollen Hengstkandidaten nach Neumünster und natürlich Ballerina XXV, die der Zucht den Spitzenhengst Buddenbrock, die Jahressiegerstute Bandera, die Hengstmutter Batida IV und die GP-Stute Borgia sowie einige weitere hochdekorierte Prämienstuten schenkte.

Auf der Station Zurndorf stand ab 1979 der

Der mit Sicherheit wichtigste Vererber der Trakehnerzucht in Österreich in den vergangenen 50 Jahren war der Erzsand-Sohn DIAMANT, selbst bis zur Dressur Kl. S ausgebildet. Seine Töchter werden noch heute in hohen Ehren gehalten, einige wenige leben noch.
Foto: Archiv Trakehner Verband/Gabriele Paubandt
ganggewaltige Rotschimmel INSTERFEUER, mehrmaliger Landessieger im Rheinland, Sieger seiner HLP und Ia-Preisträger der DLG-Ausstellung in München. Nach einem intensiven Deckeinsatz in Holland 1970/71 blieb er jahrelang Spitzenhengst der bekannten Privatdeckstelle Vogelsangshof im Rheinland und machte dort zahlreiche wertvolle und auch teure Nachkommen.

Sein Boxnachbar wurde der rittige POLARWIND, der nicht nur eine besondere Ausstrahlung, sondern auch eine hervorragende Abstammung besaß. Sie führte über die Klassehengste Persaldo, Hessenstein und Komet direkt auf Trakehnen zurück. Persaldos Mutter, Perpetua, galt als eine der schönsten Stuten Deutschlands, während die Mutterlinie des Polarwind auf die berühmte Rappstute Polarfahrt aus dem Gestüt Trakehnen zurückging.

Die staatlichen Stationen gaben damit einen Trend vor, den auch private Züchter aufnahmen, allen voran der Trakehnerzuchtbetrieb Zemendorf (Eigentümer: lng. Kurt Novak)mit den Hengsten BEDEL und KONRAD. Die beiden reinrassigen Trakehner stammten aus polnischer Zucht und wurden 1979 aufgestellt. 1983 wirkte der spätere Piberer Hauptbeschäler EPOS eine Saison lang im Burgenland. Daneben standen den Züchtern auch noch etliche Halbtrakehner zur Verfügung.

Private Initiativen

Mit Kastellan und Diamant war die Ära der staatliche n Trakehner Beschäler in Österreich auch schon zu Ende; sie hatte nur wenige Jahre angehalten. Danach blieb es bis heute den privaten Züchtern vorbehalten, für die Verbreitung und Verankerung des kostbaren Blutes in der Zucht zu sorgen. Dies war und ist aber nicht immer einfach, denn vielfach blieben Pferde mit Trakehner Abstammung unerkannt, als Zuchtprodukte quasi anonym, wurden im Sammelbegriff „Österreichisches Warmblut“ aufgesogen und erlangten somit keine eigenständige Identität. Selbst so erfolgreiche und hochkarätige Vererber wie HOLUNDER, im Besitz der Familie Pointecker in Scharding und immerhin Sieger von Neumünster, oder der selbst sportlich erfolgreiche BRENTANO, bei Familie Hauptmann in Kaindorf zu Hause (obwohl reiner Trakehner „nur“ als Warmblut gekört), konnten da über lange Zeit nichts bewegen.

Gründung der Trakehner-IG

1985 schritten tatkräftige Trakehner-Fans, allen voran die heutigen Ehrenmitglieder Herbert Engelbrecht und Hans Brabenetz († 2015) zur Gründung der „lG der Züchter und Freunde des Trakehner Pferdes Österreich“, um der Rasse ein Sprachrohr und eine Interessensvertretung zu schaffen. Dazu Helmut Mayer, derzeit Vorsitzender der IG: „Nach der Vereinsgründung und der daraus resultierenden Kooperation mit Deutschland ergab sich ein rascher Aufschwung, der aber bald wieder abflachte. In den 90er-Jahren besserte sich die Lage langsam wieder, was auch mit dem EU-Beitritt 1995 und der daraus resultierenden Liberalisierung zusammenhing. Damals kamen jährlich rund 20 Fohlen zur Welt. Eine kleine Zuchtbasis und ein Anteil von 95 % Hobbyzüchtern mit wenig Engagement in der Vermarktung der Produkte waren und sind unsere Probleme. Seit etwa 2000 versuchen wir, besonders die aktiven Sportreiter anzusprechen.“

Rein zuchttechnisch ist man übrigens ein „Anhängsel“ des bayerischen Zuchtbezirks, da es in Österreich weder einen eigenen Verband noch eine Geschäftsstelle gibt. Dafür wären der Aufwand und die Kosten zu hoch. Bayern betreut die österreichischen Züchter mit und die jährliche Fohlenbrennreise wird von deutschen Zuchtvertretern absolviert, die Bewertung, Eintragung und Brennen seit 1985 durchführen. Der deutsche Trakehner-Verband drückt also den österreichischen Trakehnerfohlen die Elchschaufel auf die Hinterhand und stellt ihnen deutsche Papiere in Neumünster aus, da er seit 1999 in Oberösterreich anerkannt wurde.

Erfolge im Sport

Österreichische Trakehner konnten in den vergangenen Jahren erkleckliche Erfolge vor allem in der Dressur und der Vielseitigkeit erzielen – so zum Beispiel die jeweils mehrfachen Landesmeister LAMBORGINI (Catherine Michelfeit) und MENES (Ruth Richter). Katrin Khoddam-Hazrati war mit ihrem LANDREGEN bis Dreisterne im Busch erfolgreich, mit OKTAVE vielfach im Zweisterne-Bereich. Auch AMALFI v. Connery, zudem in Österreich gezogen, und zwar mit hohem arabischem Blutanteil, konnte sich ebenfalls in internationalen Vielseitigkeitsprüfungen behaupten.

Auch Dressur-As Stefan Peter setzt auf Trakehner. Sein TANSANIT war ein verlässlicher Partner für die kleine Tour und führte ihn bis zur EM der Jungen Reiter. Mit ACARTENANGO, einem schwarzbraunen Trakehner aus Russland, gelang ihm der Einzug ins Weltcup-Finale und der Sieg bei den Staatsmeisterschaften 2000. Die mehrfache Staatsmeisterin Caroline Hatlapa ist seit langem bekennender Trakehnerfan. Mit TAMINO war sie lange für Belgien erfolgreich, seit 1996 war sie es mit MERLIN TSF und PERSIANO für Österreich.


Drei Röhrchen Gefriersamen von Abdullah gingen nach Österreich, zwei Spitzenpferde entstanden daraus, das dritte Röhrchen liegt noch auf Eis … Der TSF-Werbeträger SCHNEESTURM aus der Zucht von Herbert Asböck ist der Pferdename, der am häufigsten mit Österreichs Trakehnern verbunden wird. Im Springsport international erfolgreich und züchterisch trotz höchst maßvollen Einsatzes schon Vater eines Springchampions, könnte ihm der Erhalt dieser wertvollen Hengstlinie in Europa gelingen. Foto: Archiv Trakehner Verband
Im Parcours war es vor allem DAS Aushängeschild der österreichischen Trakehnerzucht, der Schimmelhengst SCHNEESTURM TSF (v. Abdullah / Kassius), der für Furore sorgte. Von Herbert Asböck in Marchtrenk gezogen, gehörte er unter Fabian Lipsky, dem irischen Reiter Dennis Lynch und Ann-Kathrin Strangarits zu den internationalen Spitzenspringern. Der Abdullah-Sohn aus Österreich wurde in Neumünster gekört und stellte mit Hindenburg bereits einen Trakehner Springchampion. Inzwischen gibt es mit ALASKATRAUM (Mv Habicht) einen weiteren gekörten Abdullah-Sohn in Österreich, der ebenfalls zur Springelite seiner Rasse zählt. Familie Asböck versucht gezielt und erfolgreich, gerade die Springanlagen der Trakehner züchterisch zu fördern.

In nackten Zahlen: 2015 wurden in Österreich auf 138 registrierten Trakehner Pferden stolze 1252 Turnierstarts absolviert – 34 Prozent dieser Starts wurden mit Siegen und Platzierungen belohnt.

Hengste in Österreich

... gibt es mehr, als man auf Anhieb vermuten würde. ABREK (v. Ech-Ma / Singapur xx) ist ein russischer Trakehner aus dem bekannten Gestüt Kirow, gehört seit 1994 Familie Beinwachs in Wiener Neustadt und wurde 1996 in Alsfeld gekört. Als hervorragender Springer stellte er seine gute Eigenleistung unter Barbara Beinwachs seit 1994 bis zur Klasse S unter Beweis, nachdem er zuvor schon unter Juri Hanulaj geglänzt hatte. In Sport und Zucht bewährt, lieferte er bisher zwei gekörte Söhne, allerdings keine reinrassigen Trakehner.

Die bereits erwähnten Schneesturm TSF und Alaskatraum verstärken die springorientierte Hengstriege mit Elchschaufel-Brand in Österreich.

In der jüngeren Vergangenheit stand der bekannte KOKOSCHKA (v. Postmeister / Kassio) bei Familie Mayer auf Gut Ranzenbach im Wienerwald. Der imposante Braune starb leider schon 2004 nach relativ kurzem Einsatz in Österreich. Ersetzt wurde er durch MANHATTAN (v. Saint Cloud / Leonardo), der 2000 gekört wurde und sich in der Dressur bis Klasse M erfolgreich bewährt. Er ist ein Hengst von tadellosem Exterieur und hat hochprämierte Nachzucht aufzuweisen.

Mit DONAUFISCHER steht ein hochinteressanter Halbblüter aus bester Stutenfamilie in Österreich zur Verfügung – der gekörte Perlentaucher und die hochbonitierten Töchter Violetta, Kornblume, Donaufürstin, Donaufischerin und Mona Lisa stempeln ihn zu einem Top-Vererber.

Die Siegerhengste der vergangenen beiden Hengstmärkte gingen beide in österreichischen Besitz. Während das Gestüt Unter Den Birken in Feldkirchen, die 2014 SIR SANSIBAR erwarben, bereits wieder Geschichte ist, befindet sich der Siegerhengst von 2015, PERPIGNAN NOIR, im Besitz von Dominik Hartl und Karl Ochsner, beide aus Trakehner-affinem Elternhaus und mit großen Ambitionen hinsichtlich ihres Hengstes ausgestattet.

Anhand der kleinen Zahl von aktiven Hengsten und Stuten erkennt man unschwer, dass die Rasse Trakehner von einem Grüppchen wahrer Enthusiasten bewahrt wird, denen Qualität vor Quantität geht. Andere Rassen mögen moderner sein, höhere Preise erzielen, exotischer aussehen – der wahre Trakehnerfan schwört auf die Elchschaufel. Das taten die österreichischen Reiter und Züchter der Rasse bereits vor 50 Jahren und tun es noch immer.

(Der Text basiert in großen Teilen auf einem Artikel von Martin Haller in der „Pferde-Zeit“ 6/2007)