Mythos Elchschaufel

Die Trakehner sind eine außergewöhnliche Pferderasse – in jeder nur denkbaren Weise. Sie sind die älteste Reitpferderasse Deutschlands, sie verfügen über eine geradezu sagenhafte Geschichte, sie sind Produkte einer Reinzucht und sie sind bereits seit dem Ende des Krieges weltweit aufgestellt.


Reinzucht

Von Anfang an war die Trakehnerzucht – wie nur ganz wenige andere Reitpferdezuchten – auf Reinzucht ausgelegt. Eingesetzt werden durften und dürfen nur Trakehner, Englische Vollblüter, Arabische Vollblüter, Angloaraber sowie Shagya-Araber. Insbesondere Burchard von Oettingen und sein Nachfolger Graf Sponeck setzten in Trakehnen stark auf den Vollbluteinsatz. Über lange Jahre auch noch nach 1945 galt der Trakehner als „deutscher Angloaraber“ und zählte zu den Spezialrassen.

Selektionskriterium im Hauptgestüt war stets die Leistung unter dem Sattel. Die bekannt schweren Jagden auf dem Gestütsgelände sind legendär, die Hengste wurden vor dem Zuchteinsatz ein volles Jahr in der Prüfungsanstalt Zwion auf Herz und Nieren geprüft. Nach 1945 übernahmen die Gestüte Rantzau, Hunnesrück und Birkhausen für einige Zeit einen Teil der Aufgaben eines Hauptgestüts, denn die Zucht auf rein privater Basis ohne Landgestüt und zentrale Vermarktungs- oder Ausbildungsstätte war neben der sehr kleinen Populationsgröße ein schwieriges Unterfangen.

Die im Zuge des Wiederaufbaus aus kleiner Population, mit der Fokussierung auf gefragte Vererber im Rahmen der Möglichkeiten der künstlichen Besamung und mit den Beschränkungen der Reinzucht sich ergebende genetische Verengung wurde immer wieder kritisiert. Die Betrachtung von Pedigrees der Pferde etwa beim Hengstmarkt, den Eliteauktionen oder den Zentralen Stuteneintragungen ergibt inzwischen eine übermächtige Dominanz bestimmter – durchaus verdienter – Vererber, die Anpaarungsentscheidungen von Jahr zu Jahr schwieriger macht und den Inzuchtgrad in der Population erhöht.

Die Öffnung des Ostens nach der Wende und dem Zusammenbruch der Sowjetunion sorgte für eine genetische Erweiterung der am westdeutschen „Mutterzuchtgebiet“ orientierten Zuchten. Allerdings sind im Zuge der Osterweiterung der Zucht auch viele wertvolle Gene vor allem ostdeutscher Zucht regelrecht untergegangen.


Trakehner und die Landeszuchten

Der Trakehner ist nach 1945 zur Veredlung wohl aller deutschen Warmblutzuchten herangezogen worden und hat bis heute wesentlichen Anteil an der Entstehung des im internationalen Turniersport dominierenden modernen Typs des Deutschen Reitpferdes. Als Alternative zum Vollblut hat das ostpreußische Pferd wichtige Impulse geben können.

In Hannover war es Abglanz, der über die Abhang-Brüder, den Sportpferdemacher Archimedes, vor allem aber über seinen Sohn Absatz den Pferden ein nie da gewesenes Flair vererbte. Über Akzent II/Alabaster und Argentan/Argentinus ist diese Linie heute nach wie vor aktuell. Lateran machte sich in den 60er-Jahren in Hannover einen hervorragenden Namen. Auch die Ende der 90er-Jahre wiederbelebte hannoversche S-Linie, mit Springcrack Stakkato als Aushängeschild, basiert über Sender auf dem Trakehner Semper Idem.

Zur tragenden Säule der Zucht wurde der Trakehner vor allem im Rheinland und in Baden-Württemberg. Das Rheinland profitierte von der Stationierung fast aller Trakehner des Landgestüts Warendorf und von zahlreichen neu gegründeten großen Trakehner Zuchtstätten, die bis heute bedeutenden Einfluss auf die Landeszucht haben. In Baden-Württemberg beförderte das Haupt- und Landgestüt Marbach mit der Einstellung einiger wertvoller Trakehnerstuten in die Herde und der Stationierung bester Hengste – Julmond wurde geradezu Kult – die Trakehnerzucht und deren Einfluss auf die Landeszucht im „Ländle“.


Internationale Ausrichtung

Schon durch die Ereignisse nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Trakehnerzucht eine internationale geworden. Aus der eigentlich auf Ostpreußen begrenzten Zucht wurde nicht nur eine Bundeszucht im Westen, auch im Ostteil Deutschlands wurde die Zucht der Trakehner fortgeführt. Aus zurückgelassenen, beschlagnahmten und als Reparationsleistung erhaltenen Trakehner Pferden entstanden in Polen und der Sowjetunion leistungsfähige Sportpferdezuchten. Ausgewanderte Trakehnerzüchter oder -liebhaber bauten Zuchtstätten vor allem in den USA und Kanada auf. Auch im europäischen Ausland konnten Trakehner Pferde begeistern, woraus Tochtergesellschaften mit bemerkenswertem züchterischem Niveau etwa in Dänemark, Frankreich und Großbritannien entstanden. Spätestens mit der zunehmenden Globalisierung unseres Jahrtausends ist der Trakehner weltweit bekannt und geschätzt.


Trakehner Tor
Foto: Archiv Trakehner Verband



Schloss Trakehnen, das Landstallmeisterhaus
Foto: Archiv Trakehner Verband



Die bekannt schweren Jagden auf dem Gelände des Hauptgestüts waren legendär
Foto: Archiv Trakehner Verband



Der Hauptbeschälerstall des Hauptgestüts Trakehnen
Foto: Archiv Trakehner Verband



Flucht mit dem Treckwagen in eine ungewisse Zukunft
Foto: Archiv Trakehner Verband