Erfolgszüchter aus dem Zuchtbezirk Bayern

Dr. Gertrud Baronin von Lotzbeck
(Gestüt Nannhofen)


Auf der Suche nach einem sensiblen Reitpferd verliebte sich die Kinderärztin im Frühsommer 1957 in Schmoel in die Stute Wachau, tragend und mit Fohlen bei Fuß. Diesem Zufall verdankt der Zuchtbezirk Bayern sein erstes großes Trakehnergestüt. In enger Abstimmung mit Dr. Fritz Schilke baute Baroness von Lotzbeck auf den elterlichen landwirtschaftlichen Gütern eine der bedeutendsten Zuchtstätten ihrer Zeit auf. Kassio x Pindar xx war das Erfolgsrezept – das Gestüt Nannhofen steht u.a. für die Bundessiegerstute Griseldis, die Landessiegerfamilie der Kornweihe, die Landessiegerstute Lillemor; für gekörte Hengste wie Grimsel (Birkhausen), Waldzauber, Leibjäger (USA), Kornfink (Kanada), Gelria (Hannover) und Koree (Kanada). Das Gestüt Nannhofen steht aber auch für eine wahre Phalanx an sportlich erfolgreichen Pferden, darunter die S-Dressurcracks Komedo, Lafredo und Legat sowie Dorothee Schneiders Jugendpferd Kokosnuss, die Buschpferde Limor L (CIC**) und Liliom (Dressur, Springen, Vielseitigkeit L), die M-Springpferde Goldglanz, Lirurg, Walliser und Wanderer sowie die M-Fahrpferde Livius und Vabienne. Baroness von Lotzbeck war stets sehr engagiert für ihre Züchterkollegen, füllte lange Jahre mit Pflichtbewusstsein, Disziplin und Unbestechlichkeit das Amt der Zuchtbezirksvorsitzenden aus. Der Trakehner Verband ehrte sie für ihre Verdienste bereits 1983 mit der "Goldenen Ehrennadel", 1987 erhielt sie die "Freiherr-von-Schrötter-Medaille". 1986 berief der Verband mit Baroness von Lotzbeck eines seiner verdienstvollsten Mitglieder zum Ehrenmitglied. Die 50-jährige Geschichte des Gestüts Nannhofen endete 2008 mit dem Tod der Baroness.

Foto: Beate Langels


Foto: privat
Ulrich Zeising (Gut Schwaighof)

Anfang der Sechzigerjahre baute Familie Zeising auf Gut Schwaighof in der Nähe von Augsburg eine Trakehnerzucht auf, die noch heute für züchterische und sportliche Ausnahmeerfolge steht. Die Familie der Carajan-Halbschwester Cornelia erfuhr hier ebenso wie die Familie der Flora eine große Blütezeit. Untrennbar verbunden ist der Name Schwaighof mit dem Gründerhengst Flaneur und den beiden Siegerhengst-Vollbrüdern Farinelli und Freudenfest sowie mit der vielfach ausgezeichneten Nachzucht der Countess. Nicht nur auf Schauebene zählte das Gestüt über lange Jahre zu den erfolgreichsten Trakehner Zuchtstätten bundesweit, auch zahllose große Sportler haben hier das Licht der Welt erblickt: Bruno Six‘ Buschcrack Campari etwa, das Grand-Prix-Dressurpferd Finalist M von Hans-Jörg Kaltenböck, der gekörte Springcrack Chateauneuf, Caruso, der mit Max Stechele die Kleine Tour im Viereck ging – um nur einige ganz wenige beim Namen zu nennen.

Dr. Michaela Schultz (Gestüt Seeor)

Die Reitbegeisterung seiner Tochter Michaela steckte Dr. Wilhelm Schultz seinerzeit an – die Keimzelle für eine inzwischen 50-jährige Zuchtstätte, die nun in dritter Generation von Tochter Laura weitergeführt wird. Trakehner und mit viel Vollblut und Trakehner gezogene Bayern waren es, die von Seeor in der Nähe von Mühldorf aus Zucht- und Sportveranstaltungen eroberten. Wer erinnert sich nicht mehr an die herrliche Famulus-Tochter Sulalei, die Schauerfolge in Serie erreichen konnte? Gestüt Seeors Sansibar v. Kassio mit Sporterfolgen in der Vielseitigkeit bis Kl. M ist der erfolgreichste Nachkomme aus dieser Stutenfamilie bei den Trakehnern. Fredericus An (aus einer Prince-Condé-Mutter) galt in Bayern als einer der profiliertesten Vererber, sein mütterlicher Halbbruder Visconti v. Virgil sammelte Schleife über Schleife aus Dressurprüfungen bis Grand Prix Special. Auch die Bayern Mistral (bis Kl. S) und Anatevka (bis Kl. M) waren im Viereck keine Unbekannten. In der Trakehnerzucht setzte Dr. Schultz auf die Familie der Hymnetta, unvergessen die seinerzeit Beste Vierjährige Hathor III. Am sportlich erfolgreichsten waren die beiden Kinder der Inschallah-AA-Tochter Havel II: Hatari v. Consul als Grand-Prix-Crack und Harriot v. Pageno xx mit Erfolgen bis Kl. M im Viereck.

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Foto: Beate Langels
Adolf Dörfler (Gestüt Aichen)

Einem beharrlich von Trakehnern schwärmenden Tierarzt hat der Zuchtbezirk Bayern eines der sportlich und züchterisch erfolgreichsten Gestüte zu verdanken. Adolf Dörfler aus dem fränkischen Neudrossenfeld hatte zuvor bereits mit Geflügel und Connemaraponys bewiesen, welch genialer Tierzüchter er ist. Aus der eher unscheinbaren Stute Uta II v. Harlekin erschuf er in 30-jähriger konsequenter züchterischer Arbeit die „U-Dynastie“, wie sie vor allem in Bayern ein Begriff für Adel, Gangqualität und Leistungsvermögen ist. Das Gestüt Aichen zeichnet züchterisch nicht nur für die grandiose Siegerfamilie der Landesschau 2001 verantwortlich, sondern auch u.a. für den S-erfolgreichen gekörten Ursprung TSF, den leider viel zu früh eingegangenen Uljanoff, Eintragungs- und Landesschau-Klassensiegerinnen sowie hochprämierte Stuten der Machart Ulla V, Unique II, Ulla IX, Unica, Umbra VIII, Uksana und Ulana. Sportlich haben Aichener Pferde durchaus ein Wörtchen mitgeredet – so mancher Erfolgsreiter nahm gern im Sattel dieser Pferde Platz: Dorothee Schneider natürlich mit Ursprung TSF, Susanne Etienne stellte Ulan bis Inter II erfolgreich vor, Ludwig Zierer ritt Mon Petit zu S-Erfolgen. M-Schleifen aus dem Viereck brachten Bossanova L, Una Lavinja, United Sunrise, Ups und Utrillo mit sowie natürlich die hochprämierte Ulanka, die auch beim Trakehner-Rennen dabei war. Mit M-Erfolgen im Parcours warten Ulandus und Unika auf, Understatement war in Wiesbaden seinerzeit Vize-Champion bei den Trakehnern.

Hans Ernst Wezel (Gestüt Schralling)

Zu den ältesten und erfolgreichsten Trakehner Zuchtstätten in Bayern zählt das Gestüt Schralling von Hans Ernst und Irene Wezel in der Nähe von Altötting – bereits 1964 ließ der Zahnarzt seine erste Stute mit Fohlen bei Fuß im Trakehner Verband eintragen. Große Experimentierfreude prägt die züchterische Arbeit – Hans Ernst Wezel gehört zu den ausgemachten Kennern östlichen Trakehnerblutes und setzte schon lange vor der Wende russisches Trakehnerblut und auch Hengste aus der Tschechei und der DDR ein. Auch scheute er nie vor dem Einsatz außergewöhnlicher Blutströme oder umstrittener Zuchtwege zurück. Eine wahre Phalanx an gekörten Hengsten, Schausiegerinnen und Sportpferden aller Disziplinen hatten ihre Wiege in Schralling stehen – unvergessen natürlich der olympische Bronze-Dressurcrack Peron, die Buschpferde Schalk und Inster Graditz sowie der Springhengst Schenkendorf in Großbritannien.

Foto: Karin Schweiger


Foto: Karin Schweiger
Simone Lindemeir-Trippel
(Trakehnerhof St. Vitus)


Wer den Slogan „Kämpfer an der Basis“ für Trakehner Pferde erfunden hat, muss die Pferde vom Trakehnerhof St. Vitus vor Augen gehabt haben. Doppelveranlagte Sportpferde mit Schick und Charme sind das Zuchtziel, höchste Priorität bei der Zucht von Familie Lindemeir-Trippel hat das gute Interieur und die Leistungsbereitschaft. Gern züchtet man hier etwas abseits des Mainstream, auch Blutpferde bekommen ihre Chancen. Die Offenstallhaltung macht aus den im Schnitt 15 jährlich fallenden Fohlen robuste, gesunde und nervenstarke Reitpferde. Für Furore sorgte die junge Zuchtstätte in den letzten Jahren mit regelmäßigen Fohlenchampionats-Titeln und aktuell mit dem gekörten Räuberfürst aus eigener Zucht.

Dr. Annette Wyrwoll (Gestüt Neuhof)

Sie reitet nicht nur, sie war in der schwersten Reitsportdisziplin olympisch erfolgreich. Sie versteht nicht nur was vom Pferd, sie ist Fachtierärztin für Pferde mit eigener Klinik. Und sie züchtet auch noch – Trakehner, was sonst? Seit dem Ende ihrer Sportkarriere unterstützt Dr. Annette Wyrwoll die bayerischen Trakehnerzüchter als Delegierte. Anfang der neunziger Jahre begann Annette Wyrwoll zu züchten, Stammstute war die Vollblüterin La Native xx, u.a. Mutter der bayerisch gebrannten M/S-Springpferde Conativ und Laticosa sowie der CIC*** und M**-springerfolgreichen Trakehner Elitestute Lacorna. Die ersten Fohlen trugen noch den Bayernbrand, aber „das Vollblut“, meint sie, „passt doch besser zum Trakehner.“ Bald folgte Ritzy Pitzy xx. Sie war eine Vollschwester von Ingrid Klimkes Sleep Late, der ja auch von Annette Wyrwoll entdeckt wurde. Vom unvergessenen Hans Magers übernahm sie Fantastic Dream xx, Gestüt Neuhofs „Iron Lady“ – hart auf der Bahn geprüft und 12 Fohlen in 12 Zuchtjahren, darunter der Buschnachwuchs Frantisek W und die inzwischen in allen Disziplinen bis Kl. L erfolgreiche, doppelt prämierte Frutillar. Die Stuten aus eigener Zucht werden erst einmal gedeckt und gehen dann in den Sport. Ihre Bewährung dort entscheidet darüber, ob sie später in die Zucht des Neuhofs eingestellt oder verkauft werden.

Foto: Beate Langels


Foto: Karin Schweiger
Erin Raili (Trakehner vom Zellsee)

Zucht und Sport Hand in Hand ist auch das Motto der kleinen, aber anspruchsvollen Trakehnerzucht von Familie Raili in Wessobrunn im Fünfseenland. Untrennbar verbunden ist der Name Per Du mit dieser Zuchtstätte – dabei verdankt die charismatische Schimmelstute ihre Existenz so einigen Zufällen: zum einen hatte Erin Raili zu Anfang ihrer Zeit in Deutschland gar nichts mit Trakehnern am Hut, und zum anderen rettete sie die Mutter Perdita vor dem sicheren Schicksal Schlachthof. Per Du war unter dem Dressursattel erfolgreich bis Kl. M, errang mehrere Klassensiege bei Landesschauen – so stellte sie die grandiose Siegerfamilie der letzten Schau 2009 – und fohlte u.a. das Auktionspferd Pictou, den St-Georg-Crack Pommery TSF, die beiden Prämienstuten Passion V und Pamina sowie die Klassensiegerin der 2-Jährigen 2009, Pretty Woman. Erin Railis Tochter Nicole stellt die selbst gezogenen Pferde im Sport vor – und wie! Pommery TSF bildete sie von der Remonte bis zum St-Georg-Sieger aus.

Hartwig Meinen

Auf vier Jahrzehnte in Zweisamkeit mit dem Trakehner Pferd blicken Annimie und Hartwig Meinen zurück – und ihre züchterische Arbeit hat gerade in den letzten Jahren schöne Früchte getragen. Stammstute ihrer kleinen Zucht wurde die spätere Landesschausiegerin Schöner Morgen, die mit Schöne Zeit eine überragende Nachfolgerin stellte, mit Schöner Zauber eine Preisspitze in Neumünster, mit Tchekov ein Grand-Prix-erfolgreiches Dressurpferd in Frankreich und mit Schöner Morgen II die Eintragungssiegerin von Bayern 2008. Die Vollblüterin Temple Touch xx fand hier ihre züchterische Heimat und stellte die internationalen Buschpferde True Love und Tempest Dance, das M-Springpferd Stern des Südens und den „Besten Halbblüter“ der Körung 2011, Touch my Heart.

Foto: Karin Schweiger